100) Jesus sprach: Man zeigte Jesus eine Goldmünze und sagte ihm: Beamte des Kaisers fordern Steuern von uns. Er aber sprach zu den Leuten: Gebt dem Kaiser, was seines ist. Gebt Gott, was Gottes ist. Und was mein ist, das gebt mir!
Mit diesem genialen Satz hat Jesus eine Fangfrage seiner Häscher pariert und zugleich auf die Verschiedenartigkeit von Kaiserreich und „Reich Gottes“ aufmerksam gemacht. Das „Reich Gottes“ entfaltet sich zunächst in uns selbst, es verändert unser Denken und Fühlen und wenn es in uns fest verankert ist sollten wir uns daran machen auch die äußeren Umstände im „Reich des Kaisers“ entsprechend unseren inneren Vorstellungen umzuformen. Zunächst aber gilt es, das Licht, die Liebe und die Weisheit an die anderen Menschen weiter zu geben und dem Kaiser eben das was er verlangt, damit er Ruhe gibt. Der Spruch ist uns aus den Evangelien aber nur in der kürzeren Form bekannt: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“ und so erstaunt es, dass Thomas einen weiteren kleinen Schlusssatz überliefert, der uns aber einen wunderbaren Einblick in das Wesen und das Denken von Jesus gibt. Jesus ist ein lebensfroher, euphorischer Mann der keine Gelegenheit auslässt seinen Schalk den Freunden und ein scharfes Wort seinen Feinden zu zeigen. Der Satz: „Und was mein ist, das gebt mir!“ ist so ganz nach seiner Art, er verblüfft und neckt damit seine Freunde und bringt sie damit vermutlich leicht aus der Fassung, denn sie dürften nicht gleich kapiert haben was er denn für sich beansprucht! Jesus will doch nur eines: Er will von seinen Freunden geliebt werden!
101) Jesus: Wer nicht Vater und Mutter hasst wie ich, der kann mir nicht folgen. Und wer nicht den Vater liebt und seine Mutter wie ich, der kann mir nicht folgen. Denn eine Mutter brachte mich zur Welt, aber die wahre Mutter gab mir das Leben.
Wunderschön wechselt Jesus hier gedanklich zwischen den „Eltern auf Erden“ und den „Eltern am Himmel“ hin und her, benutzt wie selbstverständlich die gleichen Worte und zeigt zudem sein außerordentlich exaktes Wissen um die tiefenpsychologischen Zusammenhänge im Menschen. Um Jesus zu folgen muss man sich nämlich von den ins Über-Ich verschobenen Projektionen der irdischen Eltern befreien, muss sie regelrecht „töten“ um sich ihrem Einfluss zu entziehen und frei zu werden. Wer Jesus aber nachfolgt der findet den „himmlischen Vater“ und er findet auch die „Mutter am Himmel“, denn wir werden hier auf Erden zwar von unserer irdischen Mutter geboren, doch neben dem Vater steht unsere Mutter am Himmel und nur Sie gibt uns das wahre Leben!
102) Jesus: Wehe den Pharisäern! Denn sie sind wie ein Hund, der am Trog der Rinder liegt. Er frisst nicht, und er lässt die Rinder nicht fressen.
Keine andere Gruppe tadelt Jesus mit vergleichbar harten Worten wie er es mit den Pharisäern, den „Gottesbesitzern“, tut. Um diese Worte auch in andere Zeiten zu übertragen muss man sich unter „Pharisäer“ aber eben solche Menschen vorstellen, die, wie in allen Religionen anzutreffen, zwar das Schriftwissen besitzen, aber den Geist Gottes nicht in sich gefunden haben. Sie legen die Schriften nach ihren Vorstellungen aus und diese sehen grundsätzlich ihre eigene gesellschaftliche Vormachtstellung als wesentlich an. Statt Freiheit und innere Reifung werden Gehorsam und Demut gelehrt, Verhaltensarten die zu einem neurotisch verkrümmten Dasein führen und genau damit den Eingang in das „Reich Gottes“ verhindern. Geistige Gesundheit und Freiheit vor Gott sind das Ziel von Jesus, das genaue Gegenteil davon repräsentieren die „Pharisäer aller Zeiten und Kulturen“. Sie sind die „Gottesverhinderer“, die wahren Übeltäter auf Erden, die Hunde vor dem Trog!
103) Jesus sagte: Selig der Mensch, der weiß, wann in seinem Haus nachts die Diebe einbrechen werden! So kann er aufstehen, seine Diener sammeln und sich rüsten, ehe sie kommen.
Merkwürdige Aussagen die Jesus hier macht und um sie zu verstehen muss man erkennen, dass auch den „Menschen im Licht“ noch Gefahr durch den Widersacher droht, der immer und immer wieder versucht böse Gedanken in das Herz des Menschen zu werfen um ihn in die Irre zu leiten. Rüstet euren Verstand, bewacht eure Tore, seid allzeit auf der Hut vor dem Bösen, denn seine Verführungskünste sind vielfältig. Hat man aber die Vorgehensweise des „Satans“ durchschaut, dann weiß man eigentlich schon im Voraus wann und wie dieser wieder angreifen wird, man kann sich darauf einstellen und ihn dann doch relativ leicht abwehren! Selig der Mensch, der um diese Zusammenhänge weiß!
104) Die Leute sagten zu Jesus: Komm, lass uns heute beten und fasten! Jesus aber sprach: Was für eine Sünde habe ich denn begangen? Wessen bin ich überführt? Ist der Bräutigam erst aus dem Brautzimmer gegangen, dann lasst die Leute fasten und beten.
Was für eine herrliche Situation, man möchte vor Freude laut lachen wenn man diesen Spruch liest. Alles sauertöpfige oder frömmelnde Getue, egal ob öffentliches Gebet, Fasten oder sonst eine „religiöse Handlung“ sind Jesus völlig fremd. Wer das Bedürfnis dazu hat mag es tun, in sich gekehrt und auch nur für sich alleine. Die Gemeinschaft aber lasse er damit in Ruhe, dort möge Frohsinn herrschen und voller Überschwang fragt Jesus sinngemäß: „Was soll ich verbrochen haben, dass ich derartige „Buße“ tun muss? Macht das wenn ihr erkannt habt wen ihr jetzt noch nicht erkennt, wenn ihr eure Schuldgefühle nach meinen Weggang überwinden wollt, aber lasst uns jetzt lieber Hochzeit feiern!“ Recht hat er!
105) Jesus: Wer den Vater und die Mutter kennt, den nennt die Welt „Sohn einer Hure“.
Mit kaum etwas konnte man sein Leben in früheren Jahrhunderten schneller in Gefahr bringen als mit der Behauptung, dass neben unserem Vater auch noch unsere Mutter am Himmel steht, dass „männlich“ und „weiblich“ völlig gleichberechtigt nebeneinander diese Schöpfung hervorgebracht haben und bis ans Ende aller Tage tragen werden. Schimpfworte wie „Sohn einer Hure“ waren da eher noch das geringere Problem auf das Jesus hier aufmerksam macht. Auch heute noch echauffieren sich die meisten „Christen“ wenn man diese Erkenntnis unverschlüsselt in die Diskussion einbringt und damit die Grundlage aller uns bekannten christlichen Religionen und Kirchen in Frage stellt. Die Erkenntnis, dass neben dem Vater unsere Mutter am Himmel steht ist aber Teil der Offenbarung, ist Teil des Selbstfindungsprozesses den die Menschen erleben werden und somit wird dieser Spruch in Bälde nicht mehr zutreffen, denn alle Menschen werden den Vater und die Mutter erkennen!
106) Jesus sprach: Wenn ihr aus zweien eins macht, dann werdet ihr Söhne des Menschen. Und wenn ihr dann dem Berg befehlt, sich wegzuheben, so wird er verschwinden.
In zwei kurzen Sätzen offenbart Jesus fast alles was es über den Weg zur Erleuchtung zu sagen gibt. Werdet EINS, überwindet eure innere Spaltung und werdet Gott ähnlich, werdet zu seinen „Söhnen“ denn Gott ist dem Wesen nach ein Mensch! Der Lohn für diese Anstrengung, der Lohn der Nachfolge ist dann die Teilhabe an Seinem Reich, denn von dem Moment an da man die Einheit mit sich und Gott geschafft hat lösen sich selbst „Berge“ in Luft auf wenn man es ihnen befiehlt!
107) Jesus: Mit dem Reich ist es wie bei einem Hirten, der hundert Schafe hütete. Das größte verirrte sich. Da ließ er die neunundneunzig allein, und suchte das eine, bis er es fand. Und nach all seinen Mühen sagte er zu dem Schaf: Dich liebe ich mehr als die neunundneunzig.
Bei allem Respekt und Dank an Thomas dem wir diese Spruchsammlung verdanken scheint es mir aber, dass er bei diesem Spruch etwas hinzugefügt hat das so wohl kaum von Jesus gesprochen oder gemeint gewesen sein kann. Jesus Wesenart ist es jedem (!!) verlorenen Schaf nachzugehen und eben nicht nur dem größten oder vermeintlich wertvollsten. Er zeigt uns damit Gottes Art und in Gottes Schöpfung gibt es keine „verlorene Seele“, denn gerade bei den „verirrten Schafen“ setzt Gott alles daran sie wieder zu finden. Wer sich einmal die Mühe gemacht hat ein „verirrtes Schaf“ wieder ins Leben zurück zu führen, der kennt zudem auch die ganz besondere Liebe die dabei zwischen dem „Hirten und dem Schaf“ entsteht, eine Liebe die aus der heilenden Berührung der Seelen untereinander erwächst und die viel größer ist als man sie aus dem Alltag zu anderen Menschen her kennt. Jesus kennt diese Liebe und wünscht sich, dass seine Jünger sie auch spüren könnten, denn von dem Moment an würden sie ebenfalls nach „verirrten Schafen“ suchen!
108) Jesus: Wer von meinem Mund trinkt, der wird wie ich, und ich selbst werde er, und das Verborgene wird ihm offenbar.
„Wer meine Worte wirklich verinnerlicht hat, wer den langen Weg der inneren Reinigung gegangen ist, der wird in seiner Wesensart so rein wie ich und jeder der ihm begegnet wird zugleich mich in ihm erkennen! Sein Verstand wird sich öffnen und die verborgenen Geheimnisse Gottes werden ihm offenbart werden.“, so könnte man den Satz etwas verständlicher formulieren. Dieses Versprechen gab er uns allen und es wundert schon, warum ihm nur selten jemand wirklich folgte. Die Zeit aber ist da in der sich ein jeder von uns auf den Weg begeben wird um am Ende Jesus gleich zu werden.
109) Jesus: Mit dem Reich ist es wie bei einem Mann, in dessen Acker ein verborgener Schatz lag. Davon wusste er nichts. Als er starb, erbte alles sein Sohn. Auch er wusste nichts, nahm den Acker und verkaufte ihn. Als der Käufer aber den Acker pflügte, da kam der Schatz zum Vorschein. Und er lieh Geld aus gegen Zinsen, wem er wollte.
Das Reich Gottes ist in uns selbst und auch wenn Generationen vergehen ohne dass es jemand findet so kann Er doch jederzeit wieder entdeckt werden, zu jedem Zeitpunkt und von jedem Menschen! Auch wenn Jesus hier einen Vergleich verwendet den er in Bezug auf die materielle Welt als geradezu „teuflisch“ bezeichnet, denn Zinsen sind Ausdruck purer Gier nach Geld, so ist diese Metapher geistig verstanden natürlich bestens geeignet um zu beschreiben, dass man das Reich Gottes sogar weitergeben kann und man dafür wirklich „Zinsen“ erhält. Wem immer man nämlich den Weg ins Reich Gottes gezeigt und der sich daraufhin „rein“ gemacht hat wird dies durch Liebe und Freundschaft vergelten und so wird man tatsächlich dann immer reicher und reicher! Wohl dem der den Weg kennt!