Auf Augenhöhe: Franziskus und Franziska
Wer den Lebensentwurf von Franziskus von Assisi wirklich nachleben will wird schnell merken, dass er sich damit mächtig überfordert. Franziskus war in seiner Art so radikal, dass dies nicht nur in unseren Tagen ein schier aussichtsloses Unterfangen ist. Selbst die heutigen Ordensmitglieder des Franziskanerordens geben meist recht offen zu, dass sie das nur ansatzweise können und schieben es eben auf ihre persönliche Unzulänglichkeit, dem Ordensgründer nicht in allen Belangen folgen zu können. Ich will an dieser Stelle keine Beurteilung des Lebens von Franziskus machen, sondern von der erstaunlichen Begebenheit berichten, dass ich zwar keinen Mann, wohl aber eine Frau gefunden habe, die Franziskus sehr wohl das Wasser reichen kann und ihm in ihrer Radikalität der Lebensführung in keiner Weise nachstand. Bezeichnenderweise wurde diese Frau schon auf den Namen Franziska getauft und man höre und staune: sie gründete zu Pfingsten 1845 einen Orden, den sie doch glatt die „Armen-Schwestern vom heiligen Franziskus“ nannte.
Franziska Schervier (1819 – 1876) wählte den Lebensentwurf von Franziskus und schuf mit ihrem Einsatz ein bemerkenswertes Lebenswerk. Franziskus starb recht jung mit 44 Jahren, sein Lebensstil forderte seinen Preis und auch Franziska ging bis an die Grenzen des Möglichen, wurde jedoch 57 Jahre alt, lebte somit ihr Ideal viele Jahre länger als das ihr Idol geschafft hatte. Ich staunte nicht schlecht, als ich ihr Leben und ihre Persönlichkeit studierte, begegnete mir dabei doch eine der faszinierendsten Frauen des Heilsplanes. Ihre Vorleben sind so facettenreich und zugleich denen des Franziskus so „ähnlich“, dass man aus dem Staunen kaum herauskommt. Märtyrerin, Königin und Nonne, sie hat nichts ausgelassen und so wundert es nicht, dass sie heute eine ebenso große und weite Persönlichkeit wie Franziskus ist! Wir wünschen den Beiden für ihr zukünftiges gemeinsames Wirken das Beste!