Archiv der Kategorie: D – Thomasevangelium

090) Jesus sagte: Kommt zu mir! Denn sanft ist mein Joch und mild meine Herrschaft, und ihr findet für euch Ruhe.

Jesus steht vor seinen Zuhörern und doch sind sie ganz weit weg von ihm! Es trennen sie ganze Welten, Denkwelten, Bewusstseinsstufen! Der Weg zu ihm mag voller Abenteuer und Gefahren sein aber wer es zu ihm in seine Denkwelt, in sein Bewusstsein geschafft hat, der wandelt in der Herrlichkeit Gottes und hat Ruhe im Herzen gefunden.

091) Sie sprachen zu Jesus, Sage uns, wer du bist, damit wir an dich glauben. Er antwortete: Ihr prüft die Äußerlichkeit des Himmels und der Erde. Aber den, der vor euch steht, erkennt ihr nicht, und diesen Augenblick wisst ihr nicht zu prüfen.

Wenn es denn so einfach wäre dann hätte Jesus doch wohl auf diese Nachfrage eine Antwort gegeben. So einfach geht es aber nicht, denn wie immer Jesus sich auch selbst bezeichnet hätte, seine Jünger hätten es nicht wirklich verstehen können. Sie sind mit dem Bewusstsein in dem sie stehen schlicht nicht in der Lage sein Wesen zu erkennen, ganz egal ob Jesus ihnen dies oder jenes über sich selbst gesagt hätte. Äußerlichkeiten aller Art können sie zwar prüfen und diskutieren, in diesen aber finden sie das „Geheimnis“ um seine Person nicht und für die inneren Werte von ihm fehlt ihnen die Wahrnehmungsfähigkeit. Jesus hat keine Möglichkeit diese Barriere direkt zu übersteigen und muss seine Jünger auf den langen Weg zu sich selbst und zur Weisheit führen. Das aber ist ein weiter Weg und seine Jünger werden diesen Weg erst in ihrem jetzigen Leben zu Ende gehen können.

092) Jesus: Sucht, und ihr werdet finden. Aber damals fragtet ihr mich nach etwas und ich sagte es euch nicht. Jetzt, wo ich es euch sagen will, fragt ihr mich nicht danach.

Dieser Spruch dürfte wohl unmittelbar vor dem Einzug nach Jerusalem gesprochen sein. Jesus fordert seine Jünger noch einmal direkt auf in sich zu suchen und man spürt regelrecht, dass er davon ausgeht, dass ihnen nur noch ein entscheidender Impuls dazu fehlt die innere Umkehr zu schaffen. Sie verstehen ihn aber immer noch nicht, sie stellen nicht die richtigen Fragen denn sie haben immer noch nicht begriffen wonach sie eigentlich suchen sollen. So bleibt es wie in den 3 Jahren zuvor. Sie können seine Worte nicht fassen, fragen und reden eigentlich immer an ihm vorbei und so werden erst die kommenden Ereignisse in ihnen die notwendige emotionale Bewegung erzeugen um das Türchen zu finden.

093) Jesus: Was heilig ist, das gebt nicht den Hunden, damit sie es nicht in den Dreck ziehen! Werft keine Perlen vor die Schweine, die nichts daraus machen!

Jesus meint mit diesem Vergleich wirklich Menschen! Er meint Menschen deren spiritueller Verstand so gering wie der von Hund und Schwein, nämlich gleich Null, ist! Die kostbarsten Weisheiten aber sind so zart und feinsinnig, dass es jeden „Sehenden“ zutiefst schmerzt wenn diese durch den Dreck gezogen werden. Da abweichende „religiöse Ansichten“ zudem jahrhunderte lang Grund genug waren um am Kreuz oder auf dem Scheiterhaufen zu landen bildete sich unter dieser Gefahr eine Kultur der „verborgenen Weisheit“ heraus und nur wer Zugang zu dieser spiritueller Ebene fand wurde von den anderen in deren Erkenntnisse einbezogen. Der Spruch zeigt aber auch, dass Jesus durchaus recht rustikal und deftig in seiner Sprachwahl war, denn er unterscheidet zwischen dem „Menschenschlag“ der wie „Hund und Schwein“ lebt und dem einzelnen Menschen der in seiner Not nach ihm ruft.

094) Jesus: Wer sucht wird finden. Und wer anklopft, dem wird geöffnet werden.

Kürzer geht’s wohl nicht mehr! Jedem wird geöffnet werden, jeder der sucht wird eines Tages die Tür finden an der er nur anzuklopfen braucht! Das Reich Gottes ist in uns drin, in jedem Menschen auf dieser Erde. Erst wenn wir Menschen erkennen, dass Gott in jedem Menschen ist, dass jeder eines Tages ins Licht und zur inneren Schönheit finden wird, werden wir einander respektieren und lieben lernen und genau damit es jedem Menschen ermöglichen diese Tür auch zu finden!

095) Jesus: Wenn ihr Geld besitzt, dann leiht nicht auf Zinsen, sondern gebt das Geld dem, von dem ihr es nicht zurückbekommt.

Dieser Spruch hat es mächtig in sich! Wer aber verhält sich auch nur annäherungsweise so wie es da gefordert wird? Unser gesamtes Finanzsystem beruht darauf, dass diese Anweisung konsequent missachtet wird! Unser Weltwirtschafts- und Weltfinanzsystem steht also fundamental im Widerspruch zu Jesu Lehren! Ist sich der Leser darüber eigentlich im Klaren? Im absoluten Gegensatz zu Jesus aber steht nun einmal der Widersacher und es ist daher nur folgerichtig wenn wir unser derzeitiges Finanzgebaren und Wirtschaften als zutiefst „teuflisch“ begreifen und auch so bezeichnen! An diesem Spruch gibt es weder etwas zu relativieren noch umzudeuten, sondern er ist für alle Zeiten den Menschen von Jesus als Auftrag gegeben an dem es nicht das Geringste miss zu verstehen gibt:

 Wenn ihr Geld besitzt, dann leiht nicht auf Zinsen, sondern gebt das Geld dem, von dem ihr es nicht zurückbekommt.

096) Jesus: Das Reich des Vaters gleicht einer Frau. Sie nahm etwas Sauerteig, tat ihn ins Mehl, und machte große Brote daraus. Wer Ohren hat zu hören, der höre.

Mit diesem Spruch erklärt Jesus seinen Jüngern seine Vorgehensweise die so ganz anders ist als sie es von „großen Eroberern“ kennen. Jesus weiß, dass er nicht alle Menschen direkt erreichen kann, aber er weiß auch, dass ein winziges Stückchen „Sauerteig“ ausreicht um den ganzen Teig zu durchdringen, dauert es auch noch so lange. Auch wenn seine Worte zunächst nur ganz wenige Menschen erreichen und innerlich „anzünden“ so sind sie doch nie mehr zu stoppen. 2000 Jahre später aber wird seine Botschaft von so vielen Menschen verstanden, dass deren Licht ausreichen wird die ganze Welt in Brand zu stecken und einen Freudensturm der Liebe auslösen werden.

097) Jesus: Das Reich des Vaters gleicht einer Frau, die einen Krug voll mit Mehl trug. Während sie einen weiten Weg ging, brach der Henkel des Kruges ab. Im Krug entstand ein Loch, durch das auf dem Weg hinter ihr Mehl verloren ging. Die Frau merkte nichts und ahnte nichts Böses. Doch als sie ins Haus trat und den Krug hinstellte, fand sie ihn leer.

Mit diesem Spruch wird der vorangegangene Spruch umgekehrt und auf den einzelnen Menschen übertragen. Mit „Reich des Vaters“ ist jetzt der innere Reichtum gemeint auf den es gut zu achten gilt. Der Lebensweg eines Menschen kann nämlich dazu führen, dass man Pfaden folgt auf denen man diesen Reichtum nach und nach verliert und obwohl man vermeintlich guter Absicht war am Ende aber arm dasteht. Achtet auf euch und achtet auf die Wege denen ihr nachfolgt, denn das Böse ist allgegenwärtig und höhlt den Achtlosen nach und nach aus.

098) Jesus: Mit dem Reich des Vaters ist es wie bei einem Mann, der einen Edlen umbringen wollte. Im eigenen Haus zog er das Schwert und durchstieß die Wand, um seine Kraft auszuprobieren. So brachte er den Edlen um.

So wie der Spruch überliefert ist erscheint seine Logik verquer, denn mit der Art dieses Mannes wird man kaum das „Reich Gottes“ errichten können. Mit „Reich des Vaters“ dürfte Jesus aber auch die Zusammenhänge des Unbewussten allgemein gemeint haben und unterstellt man, dass der Mann unbewusste Tötungsabsichten gegenüber dem Edlen in sich trug so wird der Spruch verständlich. Gutes und Böses ringen um den Mann, Gott und der Satan kämpfen um ihn, aber wer tief im Unterbewusstsein einen Mord plant dem geschieht danach. Der Mann mag das Schwert in diesem Moment aus anderer Absicht geschwungen haben, ja er sah den Edlen hinter der Wand gar nicht, aber es fügte sich „nach seinem Glauben“ und er brachte den Edlen um. Wer je eine solche Situation erlebt hat, dass sich auch negative Gedanken in den realen Abläufen wiederfinden lassen, der versteht was Jesus mit diesem Spruch ausdrücken will. Auf dem Weg zur Weisheit aber wird ein Mensch auch in den tiefsten Schichten seines Unterbewusstseins von negativen Gedanken gereinigt und der hier beschriebene Mechanismus außer Kraft gesetzt!

099) Die Schüler sprachen zu Jesus: Deine Brüder und deine Mutter stehen draußen. Darauf entgegnete er: Diejenigen, die den Willen meines Vaters tun, sind meine Brüder und meine Mutter. Sie sind es, die in das Reich meines Vaters eingehen werden.

Es wird an mehreren Stellen überliefert, dass das Verhältnis von Jesus zu seinen Verwandten keineswegs reibungsfrei war, sondern diese ihn am liebsten „aus dem Verkehr“ gezogen hätten. Das kann man sich nur zu gut vorstellen und auch in seinem jetzigen Leben dürfte Jesus es schwer haben, wenn er sich gegenüber seinen Verwandten einfach „outen“ würde. Sie würden ihn vermutlich in eine psychiatrische Klinik einweisen lassen. Jesus sah daher in seinen „geistigen Brüdern und Schwestern“ seine eigentlichen Verwandten, von denen er wusste, dass sie nach seiner Kreuzigung in das Reich des Vaters finden würden.