Zeugnis und abschließende Worte des Sehers
(Offb 22, 6 – 21)
Nach diesen wahrlich atemberaubenden Visionen dürfte Johannes an den Grenzen seiner psychischen Belastbarkeit angekommen sein und so ist es außerordentlich tröstlich und erbauend, dass sich am Ende dieser Strapazen ein ruhiges und erklärendes „Gespräch“ zwischen CHRISTUS und Johannes anschließt. Johannes wird darin bestärkt, dass er eine wahre Vision erfahren hat und dass die von ihm geschauten Ereignisse auch bald eintreten werden. Ganz sanft geht der Engel mit ihm um und stellt sich mit ihm auf eine Stufe. Damit baut er das Selbstbewusstsein von Johannes wieder auf, denn eine solche Vision dürfte seine Persönlichkeit regelrecht zerpulvert haben. Nicht ihn, den Engel, soll Johannes anbeten, sondern Gott allein.
Ich möchte hier einen kleinen Einschub zum Thema Engel machen, denn der Glaube an die Existenz von Engeln ist ja weltweit verbreitet. Gottes Geist ist allgegenwärtig und allmächtig. Seine schiere Größe ist uns Menschen jedoch unvorstellbar und so erscheint uns Gott in vielerlei Gestalt immer so, dass die dabei auftretende Angst so gering wie überhaupt möglich ist. Würde ein Mensch ohne jede Vorwarnung vor das unverstellte Angesicht Gottes gestellt, so würde er sterben, er könnte dieser Größe nicht standhalten. Gott spricht daher gerne über Bilder und Gesichte zu uns, in denen ER uns in unendlich vielen Gestalten und Formen erscheint. Von der verstorbenen Großmutter bis zum niedlichen Engel mag da alles dabei sein. Es spiegelt in erster Linie die phantasievolle Welt des Empfangenden wieder und nicht eine absolute Wirklichkeit. Wem Gott in der Form eines Engels erschienen ist, für den ist das unumstößliche Gewissheit und das darf sie ruhig auch bleiben. Ein anderer „liest“ in den Wolken oder „hört“ auf das Rauschen eines Baches. Gott findet zu jedem Menschen in dessen ganz eigenen inneren Bilderwelt genau den Weg, den Er braucht, um Sein Ziel zu erreichen und den der Mensch sowohl verstehen, als auch verkraften kann.
In der Folge erfährt Johannes noch, dass die prophezeite Zeit zwar nahe läge, aber diese Vision sich nicht unmittelbar auf das Verhalten der Menschen auswirken wird, denn der Unreine wird weiter unrein handeln und der Heilige weiter nach Heiligkeit streben. Rückblickend können wir Heutigen das nur bestätigen, denn gerade das Buch: „Die Offenbarung des Johannes“ hat eigentlich die Menschen nie wirklich erreicht und schon mal gar keine Verhaltensänderung bewirkt. Aber CHRISTUS mahnt hier eindeutig, dass Er bald kommen würde und jeder den Lohn erhalten wird, den seine Werke verdienen.
Diese Aussage muss nun unbedingt erläutert werden, widerspricht sie doch radikal der christlichen Lehre, dass Gott uns längst alle Schuld erlassen hätte. Hier aber wird uns das „Gericht“ über all unsere Taten noch einmal ausdrücklich angekündigt. Um das zu verstehen muss man ein wenig Einblick in den Ablauf einer Psychotherapie nehmen. Um Menschen von ihren psychischen Verletzungen zu befreien, ist es notwendig, das Zustandekommen dieser Verletzungen ganz sorgfältig zu erkunden und dann aufzuarbeiten. Das kann durchaus ein jahrelanger Prozess sein, bei dem bestimmte Situationen und Verletzungen immer und immer wieder durchgearbeitet und besprochen werden müssen. Jedes Mal werden dabei aber ganz erhebliche Schmerzen ausgelöst und können bis an das erträgliche Maß heranreichen. In unseren Seelen aber sind absolut alle unsere Taten und Verletzungen gespeichert, seien sie aus diesem oder aus vergangenen Leben. Gottes Plan sieht nun vor, alle Menschen so zu „führen“, dass es zu einer Aufarbeitung aller Verletzungen und Deformationen kommt und genau das ist es was wir auf dem Weg zur Erleuchtung erleben werden! Jeder bekommt genau den Lebensweg dabei „gefügt“, den er zur Überwindung seiner Verletzungen und Schuldgefühle braucht, er bekommt haargenau das was er „verdient“, denn nur so können alle Deformationen der Seele auskuriert werden. Bis zur vollständigen Reinheit ist es also ein langer Weg und man kann sich gut vorstellen, dass so manche Seele mit ordentlich „Kerbholz auf dem Buckel“ sich wird recht plagen müssen, bis man sie als „Engel“ erkennen kann.
Wer aber „sein Gewand“ gewaschen hat, wer den Weg zur Reinheit begangen hat, der darf in das „neue Jerusalem“ Einzug halten, ist Teil der Gemeinschaft der „Heiligen“. All das wird uns von CHRISTUS geschenkt, jeder wird es eines Tages erfahren und das Wasser des Lebens trinken dürfen. Genau darum soll dieser „lebensrettende“ Text nicht verfälscht werden, denn er enthält das Geheimnis des Lebens, er ist der Schlüssel zum Verständnis von Gottes Reich!