Haftung an statt Bestrafung

Immer wieder stoße ich auf die Behauptung, dass Jesus mit seiner Aussage „Barmherzigkeit will ich, nicht Gerechtigkeit“, die Menschen dazu aufgefordert hätte, straffällig gewordene Mitmenschen generell nicht zu „richten“. Hierzu möchte ich ein paar Gedanken äußern:

Jesus selbst hat sich nämlich ganz und gar nicht an diese Aussage gehalten, sondern die in seinen Augen schlimmsten Verbrecher, die Pharisäer, auch als solche benannt und sie regelrecht verflucht! Recht hatte er!! Was Jesus nämlich meinte, ist, dass man die eigene „Selbstgerechtigkeit“ nicht auf andere Menschen legen sollte, denn diese ist absolut ungeeignet Menschen zu beurteilen oder gar danach zu richten! Jesus trug aber ganz bestimmt keine Selbstgerechtigkeit, sondern vielmehr eine „universelle Gerechtigkeitsauffassung“, in sich, als er sein Urteil über die Pharisäer sprach! Was er zudem ganz bestimmt nicht meinte ist, dass man generell auf die irdische Gerechtigkeit verzichten solle wenn man über eine Straftat zu urteilen hat, denn das führt zu völliger Verantwortungslosigkeit der Menschen. Barmherzigkeit ohne Gerechtigkeit ist selbst himmelschreiendes Unrecht, ist Willkür! Eine Schuld nachzulassen ist einzig dem Gläubiger gegeben, niemals aber darf sie angeordnet  oder – noch schlimmer – mit dem erhobenen moralischen Zeigefinger – eingefordert werden! Genau diese „moralische Gerechtigkeit“ ist nämlich das  „Richten aus Selbstgerechtigkeit“ das Jesus geradezu verboten hat!

Und genau deshalb ist die Annahme, Gott wäre in diesem Sinne ungerecht, schlicht falsch! Er ist das auch nicht aus irgendeiner ihm angedichteten besonderen Gnade heraus, die Ihm übrigens gänzlich fremd und eine dreiste Erfindung von Augustinus ist, sondern Er besteht ganz im Gegenteil darauf, dass jeder die von ihm aufgehäuften „Schulden“ eines Tages ausgleicht. Dazu führt Gott jeden Menschen auf solchen Wegen durch alle Inkarnationen hindurch, dass dies auch gelingt und jeder am Ende seines Weges ohne Schuld vor Gott und den Menschen steht. Dieser Ausgleich geschieht auf seelischer Ebene und ist nicht mit irdischen Maßeinheiten messbar!

Natürlich haben wir Menschen nicht die Möglichkeit eine derartige universelle Gerechtigkeit zu verfügen, aber wenn wir uns schon einig sind, dass Strafe als Mittel zur Schuldbereinigung Unsinn ist, dann müssen wir umso mehr für ausgleichende Gerechtigkeit sorgen. Ein jeder muss daher im Rahmen seiner Möglichkeiten für den von ihm angerichteten Schaden haften. Das gilt für einen Bill Gates genauso wie für einen impfenden Arzt oder einen armen Schlucker. Wenn das Vermögen oder andere Möglichkeiten nicht ausreichen sollten den Schaden zu beheben oder auszugleichen, dann sind unsere irdischen Mittel erschöpft, dann müssen wir auf die Vorhersehung Gottes vertrauen und den Straftäter – nach einer eventuell notwendigen therapeutischen Behandlung – eben laufen lassen!

Jetzt aber kommen die Tage des „großen Gerichts“ auf alle Menschen zu und danach bauen wir eine gerechte Welt auf in der es Strafen nicht mehr geben wird! Damit wir uns in Zukunft auch nicht untereinander richten, möchte ich die Absicht von Jesus noch einmal etwas verständlicher ausdrücken und in meinen Worten zu euch sprechen:

„Seid liebevoll miteinander und beurteilt einander nicht in Selbstgerechtigkeit. Denn ich nehme eure seelische Reinheit und Schönheit vor allem danach wahr wie nachsichtig ihr gerade mit denen umgeht deren Verhalten nicht eurer Art entspricht.“