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Ein weiser König

Es war einmal ein Königreich, das von einem gerechten König regiert wurde. Sein Reich bestand aus einer wunderschönen weißen Stadt, die von einer hohen und unüberwindbaren Mauer geschützt wurde. Die Stadt hatte sich über viele Generationen zu einer Perle der Menschheit entwickelt, die Bürger lebten in Wohlstand und Selbstbestimmung sowie in Liebe und Geborgenheit miteinander und ihr König regierte mit weiser Hand.

Es ergab sich, dass im Reich eines entfernten Vetters unseres Königs eine große Hungersnot ausbrach. Die Menschen dieses Reiches hatten nie die Zeiten eines gerechten Königs erfahren dürfen und lebten nach einer, unserem Volk unbekannten Art. Um der Not zu entfliehen zogen sie aus ihrem Land fort vor die Tore der weißen Stadt und verlangten Einlass. Diese Bitte wurde dem König vorgetragen und  so musste dieser eine Entscheidung treffen.

Der König aber war ein weiser Mann und er kannte die Lebensart dieser fremden Menschen sehr gut. Nach einer langen Nacht in tiefer Versunkenheit sprach er zu seinem Volk:

„Liebe Bürger, mein Herz blutet angesichts der Not unserer Nachbarn, aber ich weiß auch, dass deren Männer sich einer anderen Umgangsart zu Frauen als die unseren befleißigen und sich – wenn auch nur vereinzelt, vielleicht sogar nur ein einziges Mal – die Mädchen unseres Volkes mit Gewalt nehmen würden, wenn wir sie in unsere Stadt einließen. Ich bin nun gezwungen zu entscheiden, welche Not ich mit meinem Gewissen vereinbaren kann, denn ich habe vor Gott und Euch einen Eid geschworen, für Euer Wohl und Sicherheit zu sorgen.

Darum höret meine Entscheidung: Das Glück und die Freiheit meiner Untertanen, die Unversehrtheit unserer Frauen und Kinder ist das höchste Gut auf Erden das ein König zu schützen hat. Diesen Eid werde ich nicht brechen! Ich nehme dafür meinen persönlichen Besitz und trage ihn vor die Tore der Stadt und bitte alle Bürger unseres Landes, es mir gleich zu tun. Lasst uns mit ihnen unseren Wohlstand teilen, damit sie wieder in ihr Land ziehen können. Wir geben ihnen unser Heer zum Schutz mit auf den Weg, vom Korn unseres Landes wollen wir ihnen jedes Jahr so viel schicken wie wir entbehren können und ich werde mit ihrem König einen Friedensvertrag schließen, der ewiglich halten und unsere Feinde abschrecken möge. Mögen sie in Frieden leben, zu Wohlstand kommen und ihre eigene Lebensart pflegen!“