Archiv der Kategorie: D – Thomasevangelium

110) Jesus sagte: Wer die Welt gefunden hat, und dadurch reich geworden ist, der verzichte dann auf die Welt.

Jeder seiner Sprüche bleibt solange widersprüchlich, solange man ihn nur äußerlich anwendet. Hier verwirrt Jesus auch noch dadurch, dass er einmal die innere Welt, das Reich Gottes, und dann die äußere Welt mit dem gleichen Wort benennt. Natürlich sollen wir alle das Reich Gottes in uns finden und natürlich wollen wir dann auf unserer wunderschönen Erde so intensiv wie nur möglich leben, aber niemand wird im Reich Gottes wirklich ankommen können, wenn ihn die Gier nach der Welt treibt, wenn er an Einfluss, Macht, Dominanz oder sonst einer unnützen Haltung festhält. Verzichtet auf all das und lebt einfach in Liebe und Frieden, denn ihr seit unermesslich reich im Reich Gottes!

111) Jesus sprach: Auch wenn Himmel und Erde untergehen – wer aus dem Lebendigen lebt, der empfindet weder Tod noch Furcht. Denn wer sich selbst findet, der ist über die Welt hinaus.

So ist es!

112) Jesus redete: Wehe dem Fleisch, das von der Seele abhängt! Wehe der Seele, die vom Fleisch abhängt!

Unsere Persönlichkeit, unser Wesen verdanken wir dem himmlischen Vater, unseren Leib verdanken  wir unserer Erdenmutter. In vollendeter Harmonie agieren Körper und Seele miteinander wenn man das Reich Gottes in sich gefunden, wenn man zu sich selbst gefunden hat, denn dann haben Körper und Geist auch zu einer Einheit gefunden. Solange dies nicht der Fall ist neigen Menschen dazu der einen oder der anderen Seite mehr Bedeutung zuzuweisen und entweder den körperlichen oder aber den rein geistigen Belangen Vorrang einzuräumen. Dies führt aber entweder zu einer eher triebhaften oder zu einer vergeistigten Lebensführung und ist nicht das was unsere Schöpfereltern für uns vorgesehen haben.

113) Die Jünger fragten Jesus: Wann wird denn das Reich kommen? Er aber sprach: Es kommt nicht, indem ihr darauf wartet. Man kann nicht sagen: Hier oder da ist es. Denn das Reich des Vaters ist schon ausgebreitet über die Erde, nur können es die Menschen nicht sehen.

Wir leben im Geiste Gottes! Die Schöpfung ist der Traum unserer Eltern und dieses Reich ist natürlich schon immer da. Wir sind uns dessen aber zunächst nicht bewusst, leben in einem eingeschränkten Bewusstseinszustand der uns nur die Sicht auf die vermeintlich materielle Realität erlaubt. Um zur Einheit mit Gott zu gelangen ist ein langer Weg zu beschreiten in dem wir uns einerseits immer weiter von den Wunden und Unreinheiten der Vergangenheit befreien, andererseits in immer höhere Erkenntnisstände gelangen. Eines Tages werden alle Menschen in Vollkommenheit auf der Erde wandeln und das ewige Reich Gottes erreicht haben. Bis dahin ist es unsere Aufgabe daran mitzubauen, uns selbst immer weiter zu vervollkommnen und unsere Mitmenschen auf diesem Weg zu begleiten. Das Reich Gottes entsteht indem wir Jesus nachfolgen!

114) Simon Petrus forderte: Maria soll uns verlassen; denn Frauen verdienen das Leben nicht. Jesus aber sprach: Seht, ich werde sie führen und männlich machen, so dass sie ein lebendiger Geist wird, wie auch ihr Männer! Denn jede Frau, wenn sie sich männlich macht, geht ins Himmelreich ein.

Dieser Spruch gibt uns Einblick in die archaische Denkwelt von Petrus die vermutlich typisch für den Jüngerkreis war. Offensichtlich ist es Männern damals – und nicht nur damals – nicht möglich gewesen Frauen als Ebenbild Gottes zu sehen und Petrus versteigt sich zu hochnotpeinlichen Aussagen. Jesus reagiert aber recht gelassen, denn er weiß, dass auf dem Weg zu sich selbst Anima- und Animusseele integriert werden und Männer dadurch sanft wie Tauben – eben weiblich – und Frauen dadurch stark wie Löwen – eben männlich – werden. Erst dann kann man den Weg ins Reich Gottes fortsetzen und ins Himmelreich eingehen.